Ist das Wahlbetrug?
Ich nutze ja aktuell jede Gelegenheit, mit Ukrainern über den Fall Timoschenko zu reden. Dabei kochen schon die Emotionen hoch, da fallen Sätze wie "Die Frau ist einfach widerlich" - aber das nur am Rande. Interessanter Weise sagte mir ein Geschäftsmann folgendes: „Keiner weiß, was sich da oben wirklich abgespielt hat. Und überhaupt, Janukowitsch ist doch nur durch Wahlbetrug an die Macht gekommen. Er hat seine Leute auf die kleinen, armen Dörfer geschickt. Die haben vor allem den alten Leuten einen Sack Buchweizen (Anm.: das ist hier eine beliebte Speise) auf den Tisch gestellt und gesagt ‚Der gehört Euch, wenn Ihr Janukowitsch wählt!‘ und viele haben sich so umstimmen lassen.“
Da war ich schon etwas baff, habe dann aber die Sache noch einmal durchdacht. Ist das Wahlbetrug? Sicherlich ist es nicht die feine Art – ja. Kann ich mir das in Deutschland vorstellen? So direkt nicht! Also, was nun. Doch Wahlbetrug?
Ich dachte zurück an die Bundestagswahl 2005 – wie war das? Ach ja, im Archiv des Kölner Stadtanzeigers fand ich das gesuchte:
"Weniger Steuern, weniger Staat", verspricht Angela Merkel vor der Wahl 2005. „Wir werden ein Programm auflegen, mit dem wir den Eingangssteuersatz auf zwölf Prozent und den Spitzensteuersatz auf 39 Prozent senken“, sagte Merkel. Heute liegt der Eingangssteuersatz noch immer bei 14, der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent. Die Mehrwertsteuer wurde auf 19 Prozent erhöht.
Erinnert Ihr Euch? Richtig, kurz vor der Wahl räumte man ein, diese vielleicht erhöhen zu müssen. Aber die Mehrwertsteuer ging dann gleich um satte 3% hoch und das gab es noch nie! Ist das eigentlich Wahlbetrug? Wohl verdammt nah dran und ganz und gar nicht die feine Art. Das war nur ein Beispiel, wer dem Link folgt, findet noch weitere interessante Gedächtnisstützen. Wähler sind ja immer so vergesslich …
Was die Wahl von Janukowitsch und den Sack Buchweizen betrifft: Also das ist doch definitiv kein Wahlbetrug? Denn das Wahlversprechen wurde gehalten. Den Sack Buchweizen – den hatten die alten Leute.
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Viele Grüße Hartmut