Bekenntnisse und Solidarität
Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, muss ich etwas ausholen: Es ist schon unglaublich, wer sich alles vor Putins Propagandamaschine spannen lässt. Noch unglaublicher, nein, eigentlich kurios, dass man jetzt die Alten- und Pflegeheime nach ehemals bekannten Persönlichkeiten abgrast, um Russlandversteher zu finden. Jetzt sind sogar ein Helmut Schmidt, Günther Grass, Klaus von Dohnanyi, Peter Scholl-Latour, eine Gabriele Krone-Schmalz oder sogar ein Kokain – pardon – Konstantin Wecker Experten in Sachen Ukraine-, Krim-, Russlandkonflikt.
Das muss man sich mal vorstellen. Die Jugend der Ukraine kämpft für elementare Rechte, gegen Korruption, Demokratie; auf dem Maidan(!) werden europäische Werte verteidigt – und deutsche Rentner geben sich bei Talkshows die Klinke in die Hand und faseln von Faschisten, Extremisten, dem ach so tollen Putin, usw.
Und was für hanebüchene Geschichtsverfälschungen herhalten müssen, um ein Verständnis für die Russen und Putins Politik zu projizieren. Mittlerweile ist mein Fell für derlei Unsinn ziemlich dick geworden. Den Vogel schoss jedoch heute Jens Jessen bei der Zeit ab, der die Ukraine als künstliches Produkt der Sowjetmacht verkaufen will. Herr Jessen, ich hoffe, der Judaslohn war hoch genug? Glauben sie aber ja nicht, dass ich ihren Unfug auch noch verlinke!
Aber klar, nachdem Stalin Millionen Ukrainer verhungern und ganze Landstriche veröden lies, kamen neue Menschen in das Land. Nicht nur Russen, auch Armenier, Usbeken, Georgier, Aserbaidschaner leben jetzt hier, neben Griechen, Rumänen, Ungaren, Polen, Weißrussen, Deutschen, Moldavier, u.v.m. Sie kamen oder lebten schon in dem Land, welches jetzt die Ukraine ist.
Es ist eine Multikulti-Gesellschaft, und wie ich selbst unzählige Male feststellen konnte: Es zählt weniger, woher du kommst, es zählt, was du kannst und was du machst. Ich bin '90 aus Sachsen nach Baden Württemberg gezogen, habe dort gearbeitet und gelebt und dabei immer wieder meine Herkunft zu spüren bekommen. Meine Frau hat es die 8 Jahre in Deutschland noch härter erleben müssen. Von all dem habe ich hier noch nicht einmal etwas bemerkt. Das ganze Gegenteil war der Fall, ich fand bisher immer eine herzliche Aufnahme!
Ich will jetzt nicht sagen, dass es keine Ressentiments oder Probleme gibt. Mag sein, dass es hier in der Zentralukraine sehr ausgewogen zugeht. Aber gerade der Maidan hat doch gezeigt, dass trotz verschiedener Ethnien die Ukraine vielen Ländern voraus ist, was gegenseitige Toleranz und ein Bekenntnis zu dieser Nation angeht. Der aktuelle Zwist, der erst seit wenigen Wochen gärt, vor allem mit der russischen Ethnie im Osten des Landes, ist doch von außen hereingetragen worden!
Man fragt sich vielleicht, wie sich das Verständnis der Ethnien und deren Bekenntnis zur Ukraine wiederspiegelt? Nun, dann schaut mal folgende Videos an. Wäre das in Deutschland vorstellbar? Käme dort jemand auf die Idee, die deutsche Hymne für andere Ethnien anzupassen? Es spricht leider für sich, dass es noch keine deutsche Version der ukrainischen Hymne gibt! Sollte ich mich irren, kurze Nachricht genügt.
- Die Hymne auf Ukrainisch, gesungen von verschiedenen Volksangehörigen [Ansehen]
- Die Hymne gesungen von Weißrussen[Ansehen].
- Die georgische Version. [Ansehen].
- Jetzt die Asserbaidschanische Version [Ansehen]
- Gesungen von Armeniern [Ansehen]
- Auch eine jiddische Version gibt es! [Ansehen]
- Das Volk der Zihani (Zigeuner) ist natürlich auch dabei. [Ansehen]
- Die Griechen geben sich die Ehre. [Ansehen]
- Die Ungarn sind auch dabei. [Ansehen]
- Klar, auch die polnischen Freunde und Nachbarn. [Ansehen]
- Natürlich bekennen sich auch die Tataren zur Ukraine. [Ansehen]
- Das Volk der Gagausen ist dabei. [Ansehen]
- Und das Nachbarvolk der Rumänen. [Ansehen]
- Auch eine russische Version gibt es jetzt. [Ansehen]
- Ganz neu und mit tollem Video auch die englische Version. [Ansehen]
- Und eben gefunden, vom 26.03.: Eine hebräische Version! „Israel supports Ukraine“ [Ansehen]
Auch darum liebe ich die Ukraine. Slava Ukraini!
Die Kommentarfunktion für diesen Artikel ist deaktiviert.
Lieber Jens, lange Zeit habe ich keine Kommentare mehr geschrieben, weil sich mein Herz ob dieser Situation in unserer geliebten Ukraine verkrampfte. Heute sind mir am frühen Morgen die Tränen in die Augen geschossen noch während ich Deinen Artikel las. Ich bewundere Deinen Kampf gegen die Unwissenheit der angeblichen Kenner Russlands, sie machen alle einen grossen Fehler. Putin ist nicht Russland, er benutzt es nur! Was die Ukraine betrifft, so sind wir uns schon immer beide einig gewesen, obwohl wir unterschiedlichen Alters sind und in zwei unterschiedlichen deutschen Gegenden aufgewachsen sind. Das bestätigt aber wiederum unsere sichere Einschätzung der tatsächlichen Situation in diesem Land, das uns beiden zur Wahlheimat geworden ist und welches untrennbar mit unseren hier lebenden Familien verbunden ist. Komme, was da komme, wir haben nichts zu fürchten, wir sind ein Teil geworden und brauchen uns von niemanden "heim holen" zu lassen, denn hier unter den Ukrainern in der Ukraine fühlen wir uns endgültig zu Hause und dieses soll für immer so bleiben. Auf dem "Maidan" wurde und wird auch für uns gekämpft! Nataliya und Peter
Das ist unfair, Ihr lasst mir nichts mehr zum hinzufügen.
Ich fühle mich wohl hier und bin genau so sauer wie Ihr über die Tappershows im deutschen Fernsehen.
Man könnte eine neue Steigerung von -eingeschränkt erkenntnisfähig- erfinden. Der nächste Grad der Schädigung wäre -verbohrt rechthaberisch- und kommt der Russlandexperte und Putinversteher.
Rentenkasse in Moskau jede Woche eine Dussligkeit für die Auszahlung fordert.
Slava Ukraine!
Jetzt werde ich auch mal meinen Senf zugeben. Ich lebe zwar erst seit ein paar Jahren in der Ukraine und bin in ein paar weiteren Jahren wieder weg, aber das sagt ja gar nichts darüber aus, was ich für die Menschen hier empfinde. Wer mich kennt, weiß was ich meine. Man macht es mir hier sehr leicht, auch mit Russisch sehr gut zurecht zu kommen, weshalb mein Ukrainisch sehr rudimentär ist. Aber die wichtigsten Worte hab ich drauf - Slava Ukraini! Jens, ich muss dir sagen, du hast meinen Tag gerettet. Als ich heute früh Facebook aufgemacht habe, schlug mir als erstes der unsägliche Zeit-Artikel von Jessen entgegen. Gott sei Dank hatte mich Boris Reitschuster schon "gewarnt". Wie man im 21. Jahrhundert, mit den Informationsmöglichkeiten solch einen von Unkenntnis triefenden Artikel verfassen kann und auch noch seinen Namen drunter setzen kann - wie wenig muss man sich selbst wert sein. Für mich sind solche Leute keine Journalisten, sondern Propagandisten in wessen Auftrag auch immer. Schade dass der Ruf des Journalismus damit immer wieder beschmutzt wird. Wird Zeit, dass diese sich wehren und nicht nur die Leser! Also Jens, vielen Dank nochmal für deine wirklich guten Ausführungen !
Nach meiner Meinung ist es Zeitverschwendung, sich diese Fossilien-Treffen im TV anzuschauen, wenn es sich um Leute handelt, die keine Ahnung davon haben was es bedeutet, in der Ukraine beispielsweise unter Korruption und staatlichem Machtmissbrauch zu leiden. Ein Beispiel nicht zu unterschätzender deutscher Solidarität http://weitblick.bistum-eichstaett.de/maidan-eichstaett/