Jens, sage mir, wer wird uns helfen?
Diese Frage stellte mir gestern eine ukrainische Freundin anhand der zutiefst bedrohlichen Lage an der Ostgrenze zur Ukraine. Mehr als 30 000 russische Soldaten stehen dort bereit und warten nur auf einen Wink aus dem Kreml. Dazu kam ein Erlebnis ihrer Mutter in Charkiw. Sie erzählte mir folgendes:
Stellt Dir vor, meine Mutter war heute auf der Straße, hat mit dem Handy telefoniert. Als sie fertig war, kam ihre Nachbarin und sagte: „Ich habe gehört, dass sie gegen die Russen sind! Aber warten Sie nur, wenn unsere Soldaten einmarschieren hängen wir Euch alle auf dem Hauptplatz auf!“
Das ist sie also. Die russische Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Es heißt, dieses Wochenende wird das schwerste der Ukraine. Alle Zeichen stehen auf Krieg. Viele Fakten sprechen dafür, diese Argumente machen aktuell die Runde:
- Russland braucht den Landzugang zur Krim, ebenso die Kontrolle über Wasser, Strom, etc.
- Der leichtere Zugang nach Transnistrien ist ebenfalls von Bedeutung.
- Russland wird nicht zulassen, dass die Ukraine in ein paar Jahren dank Schiefergas Gasexporteur wird.
- Die Kosten für die South Stream würden nur ein Fünftel betragen, wenn sie über die Krim und in flacheren Gewässern verlegt werden kann
- Die Metallindustrie in der Ostukraine ist Zulieferer für die Pipeline.
- Mit der Krim als „stationären Flugzeugträger“ hätte Russland die Kontrolle über das Schwarze Meer und könnte jederzeit den Transport von Flüssiggas unterbinden.
- Die Industrie im Gebiet Charkiw ist von elementarer Bedeutung für die russische Rüstung.
- Russland wird niemals zulassen, dass an ihrer Grenze ein demokratischer und rechtskonformer Staat entsteht!
Es gibt noch viele weitere Argumente. Alles nur Verschwörungstheorien? Und man sollte eines nicht vergessen. Was hier passiert ist kein Zufall, das ist schon seit Jahren geplant! Selbst der allerletzte Verweigerer der Wahrheit sollte doch erkennen, dass der Schutz der russischen Bevölkerung nur ein Vorwand ist. Schaut man auf die pro-russischen Demos im Osten, sieht man vorwiegend ältere Menschen mit einem verklärten Blick auf die Sowjetzeit, die sie so gern zurück hätten. Und die sehen nicht, dass Putins Russland ein rein kapitalistischer Staat geworden ist, mit Strukturen, die an den Manchester-Kapitalismus erinnern! Wie lief das denn damals mit der Privatisierung? Dazu ein aktueller Film, der auf ARTE lief.
Glauben die »Russia! Russia!« und »Putin! Putin!« -Rufenden im Osten der Ukraine, dass russische Bomben und Raketen einen Unterschied machen werden? Eine so „saubere“ Annexion wie auf der Krim wird es da nicht geben. Diese würde Blut kosten, viel Blut.
Zurück zur Ausgangsfrage. Wer wird helfen?
Die Antwort ist ziemlich eindeutig: Militärisch vermutlich niemand!
Man wird weiter schimpfen mit Russland, sich (dezent) empören. Das dauert ein oder zwei Wochen. Und dann ist es ähnlich der Krim. Es bleibt eine Art Phantomschmerz, wie nach einer Amputation. Hauptsache, Siemens & co. machen weiter ihre Geschäfte mit Putin, das russische Gas strömt ungestört und fröhlich in deutsche Haushalte. Vielleicht pfeift der Gashahn die ukrainische Hymne?
Und Gerhard Schröder, Helmut Schmidt, Sigmar Gabriel und andere, vor allem von der SPD, werden irgendwie dem deutschen Bürger vermitteln, dass man doch Verständnis haben muss mit Russland? Dass gerade diese Personen einen Verrat an Demokratie und Menschenrechten begehen - wen interessiert das schon. So ist das nun mal, besonders bei den Sozialdemokraten.
Die Amerikaner, Briten, Polen, baltische Länder? Sie werden mit den Zähnen knirschen, vielleicht Sanktionen verschärfen - aber kaum mit Militär eingreifen. Putin aufhalten können auch die nicht.
Und wenn dann die Ukraine als letztes Mittel selbst das Gas abstellt oder den Transport des Gases stört – ja, dann schauen wir mal, dann sind das ganz schnell Terroristen! Wetten?
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Was soll man sagen, ich fürchte du hast recht. http://www.kyivpost.com/content/ukraine/state-of-war-341161.html
Was wurde da nur angerichtet? Vor 4 Monaten hätte ich und wahrscheinlich auch andere, solch eine Bemerkung mit ein abwinken belächelt. Nun aber ist das bitterer Ernst und schnürt den Hass.