Quo Vadis Ukraina?

In der Ukraine brodelt es. Der Volkszorn richtet sich – wie seinerzeit bei der Orangenen Revolution – gegen den Präsidenten Janukowitsch, der vor 2 Wochen die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU absagte. Aus den Demos gegen den Bruch seines Wahlversprechens, die Ukraine Richtung (West-) Europa zu führen, wurde ein Protest gegen die gesamte Regierung.

Die Hintergründe sind vielfältig. Kurz zusammengefasst: es geht um Geld und die geopolitisch brisante Lage der Ukraine zwischen EU und Russland. Wer ist der Buhmann? Nur Janukowitsch? Putin, der die Muskeln spielen ließ - vielleicht nicht ganz zu Unrecht? Oder die EU? Die Vorgeführt wurde und jetzt so langsam merkt, dass nicht nur sie die Spielregeln bestimmt? Welche die Ukraine zu sehr in die Enge trieb? Was sollte (auf dem Rücken des ukrainischen Volkes) das Geschacher um eine verurteilte Oligarchin und ehemalige Politikerin, die mein Freund Christoph Brumme  trefflich "Verdiente Diebin des Volkes" nennt?

Ich weiß nicht, inwieweit das ukrainische Volk das Assoziierungsabkommen, welches in der englischen Fassung 906 Seiten umfasst, wirklich kennt. Die Reise- bzw. Visafreiheit war zumindest nicht festgeschrieben. Ganz verschwommen hieß es da, dass darüber geredet werden kann, wenn die und die Voraussetzungen erfüllt sind. Ich gebe zu, ich war und bin gegenüber dem Vertrag skeptisch. Aber man darf nicht vergessen, dass es nicht um eine EU-Mitgliedschaft geht, sondern um ein Abkommen, welches den Handel, Rechtsnormen, wirtschaftliche und politische Annäherung betrifft. Und die Umsetzung ist auf einen längeren Zeitraum ausgelegt, man veranschlagte wohl um die 15 Jahre. Da kann viel passieren, auch in der EU.

Darum war ich über den anhaltenden Protest der Ukrainer erst sehr überrascht. Im Ukraineforum etablierte sich ein Thread, der mittlerweile über 2200 Beiträge enthält. Pro und Kontra EU sind da zu finden und immer wieder aktuelle Meldungen zum Stand in Kiew und andere Großstädte. Und mit nur wenigen Ausreißern ist die Diskussion immer noch sehr ausgewogen, geht nicht unter die Gürtellinie. Und so wurde auch meine Meinung von den Ereignissen überrollt und überholt.

Es geht den Ukrainern einfach um eine Perspektive! Die sehen sie in der Annäherung an die EU, an die Modernisierung des Landes, nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem auch rechtlich. Sie haben einfach die Nase voll von leeren Versprechungen, Stagnation, korrupten Politikern. Die Ukrainer schauen sogar neidvoll gen Polen. Ein Freund sagte mir kürzlich: "Schau die Polen an. Nach dem Umbruch bekamen sie Fleisch und Brot nur rationiert gegen Essensmarken. Sie haben bei Null angefangen und wo sind sie heute? Auch wenn es weh tut, es viele Hürden zu meistern gilt, das wünsche ich mir auch für die Ukraine!"

Ob der Weg in Richtung EU richtig oder falsch ist, das steht überhaupt nicht zur Debatte. Die Ukrainer wollen ein lohnendes Ziel, auf welches sie hinarbeiten können, welches ihnen ein besseres, gerechteres Leben verspricht. Was Russland für sie übrig hat und was es ihnen in der Vergangenheit gebracht hat, das wissen sie. Sie wollen einen Neuanfang. Jetzt! Der Weg ist steinig und ob die Opposition um Klitschko das stemmen kann? Wer weiß. Ich wünsche mir nur eines: Dass die Ukrainer endlich nach vorn blicken können und sich nicht mehr wie Europäer 2. Klasse fühlen müssen.

Es gibt eine Flut von Bildern und Videos aus Kiew und anderen Städten. Hier ein paar Beispiele, die mehr sagen als tausend Worte:

„Slava Ukraina!“

Titelbild: By Ilya (Own work) [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons


 

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