Gedenktag an die Schlacht von Kruty (Крути)
Der heutige 29. Januar ist Gedenktag an die Gefallenen von der Schlacht bei Kruty (Бій під Крутами) im ukrainisch-bolschewistischen Krieg von 1917 bis 1921. Diese Schlacht fand 1918 statt und hat sich besonders ins Gedächtnis der Ukrainer eingeprägt. Und gerade durch die aktuellen Ereignisse animiert, möchte ich auch hier im Blog an diesen Tag erinnern! Was war passiert?
Die Schlacht fand wohl sehr plötzlich 130km nordöstlich von Kiew, am Bahnhof des Dorfes Kruty (Крути) und in der Nähe des Nachbardorfes Pamjatne (Пам'ятне) statt und dauerte etwa 5 Stunden. 4000 kommunistische Soldaten unter Generalleutnant Nikolai Murawjow waren auf dem Weg in Richtung Kiew und trafen hier auf 400 Verteidiger der UPR, bestehend aus Schülern, Studenten, Soldaten und freien Kosaken. Im Gedächtnis der Ukraine blieb vor allem der Heldenmut der Jugend, die sich für ihr Land, für eine freie Ukraine opferten und die Tatsache, dass 27 gefangene Studenten gnadenlos von den Kommunisten hingerichtet wurden. Allen war klar, dass dieser Krieg unter anderen Regeln geführt wurde, abseits jeder Moral und abseits der Genfer Konventionen!
Sehr bezeichnend auch die Rede des Generalleutnants an die kommunistischen Truppen (darunter frei übersetzt):
Товариші, я знаю, що багато хто з вас втомився, проте не багато вам працювати. Наше завдання – взяти Київ і тоді ви зможете повернутися додому. Багато вам довелося страждати, але вони кров’ю відповідатимуть за ваші страждання. Ми їм покажемо, дайте тільки добратися до Києва. Якщо буде потрібно, не постою ні перед чим: каменя на камені не залишу в Києві. Мешканців не жаліти, вони нас не жаліли, терпіли хазяйнування гайдамаків. Ми їх всіх перестріляємо та переріжемо. Ми їм покажемо, нема чого боятися кровопускання. Хто не з нами – той проти нас. Ви, доблесні товариші, ви мені допоможете взяти Київ, а там ви будете нагороджені…
Genossen! Ich weiß, Ihr seid müde. Aber nicht lange mehr müssen wir zusammenarbeiten. Unsere Aufgabe ist die Okkupation von Kiew. Das Volk von Kiew brauchen Sie nicht beachten. Es dauert nicht lange, wir nehmen Kiew. Und dann können sie nach Hause fahren. Ihr habt Euch lange gequält, aber sie werden mit Blut antworten für Eure Qualen. Wir werden es ihnen zeigen.
Wir müssen nach Kiew, wir werden keine Rücksicht nehmen, es bleibt kein Stein auf dem anderen. Kein Mitleid mit der Bevölkerung! Sie haben auch kein Mitleid, diese Hajdamaken*! Wir werden sie alle erschießen und ihnen den Hals abschneiden. Wir werden es ihnen zeigen, Ihr müsst nicht Angst haben vor dem Blutvergießen. Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns. Freunde, Ihr Tapferen, Ihr werdet mir helfen Kiew einzunehmen. Und dann werde ich Euch belohnen...
Die Toten durften zuerst nicht bestattet werden. Man brachte sie dann am 19. März nach Kiew und begrub sie an der denkwürdigen Stätte bei Askold's Grab. Während der Beerdigung sprach ein Lehrer der getöteten Schüler/Studenten und verglich ihre Leistung mit den legendären 300 Spartanern, die bei den Thermophylen ihr Leben gaben. Bei Askold's Grab steht nun auch ein Denkmal für die Helden von Kruty.
Die wahre Geschichte der Schlacht wurde von der sowjetischen Regierung geheim gehalten. Erst 2006 wurde auf dem Gelände der Schlacht ein Denkmal errichtet und der heutige Tag ist nun ein offizieller Gedenktag in der Ukraine. 2009 sagte der damalige Präsident V. Juschtschenko in einer Ansprache:
Junge Menschen starben wie Spartaner im Interesse ihrer Heimat, in einem Kampf gegen die ausländischen Aggressoren, und ihr Opfer ist ein Beispiel für die selbstlose Liebe zu ihrem Heimatland.
Jeder Jahrestag der Helden von Kruty ist nicht nur ein Tag, um die Menschen zu ehren, die ihr Vaterland mehr als ihr Leben geliebt haben. Dies ist auch eine Erinnerung an unsere heutigen Politiker in Bezug auf ihre Verantwortung für das Schicksal ihres Landes und Volkes.
Gerade diese Worte sollten heute alle Ukrainer noch einmal lesen!
Quellen und weiterführende Infos
- *Hejdamaken ist an dieser Stelle ein übelstes Schimpfwort, siehe Wikipedia
- die ukr. Seite der Wikipedia zur Schlacht von Kruty
- die entsprechende engl. Seite
- Ausführlicher Artikel und Bilder auf Тиждень.ua
- Ort des Geschehens bei GoogleMap
- Das Mahnmal in Kruty. (Danke Thomas!)
- Das Bild im Kopfbereich stammt von dem ukrainsichen Maler Andrej V. Serebriakov
- Das Bild oben ist ein Aquarell von Leonid Perfezki und stammt aus der Wikipedia.
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Ich will keine Phrasen dreschen, aber es gibt Momente im Leben, wo man einfach mal den Mund halten und den Menschen die hier am 29. Januar 1918 ihr Leben für die Ukraine bewusst gelassen haben seine Hochachtung aussprechen muss! Jens, für diesen Beitrag gebührt Dir unser aller Dank, er trägt ganz wesentlich zu einem besseren Verständnis der heutigen Situation bei und klärt hoffentlich einige bisher Unwissende auf. Zu viele denkwürdige Ereignisse in der ukrainischen Geschichte sind bisher unter den roten sowjetischen Teppich gekehrt worden. Es sollte auch an uns liegen, dieses jetzt wieder hervor zu holen! Danke Peter
Von meiner Seite aus geht es darum, die verschiedenen machtpolitischen Strömungen und die einander widerstrebenden Tendenzen in der Ukraine zu verstehen. Mit der sowjetischen Führerfigur Lenin und seiner Einflussnahme auf das ukrainische Volk, wird mir jedenfalls vieles deutlicher, weil die geschichtlichen Hintergründe der Ukraine zu meiner Schulzeit nicht beleuchtet wurden. Das Mahnmal des Kampfes bei Kruty, Oblast Tschernihiw, ist auf dieser Seite zu sehen.